Missbrauch von Notsituationen

Unter diesem Stichwort fassen wir verschiedene Taten und Sachverhalte zusammen: Von Missbrauch von Notrufen, über die Störung von Warn- und Rettungseinrichtungen bis zum Vortäuschen einer Notlage.

§ 145 Mißbrauch von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln

(1) Wer absichtlich oder wissentlich
1. Notrufe oder Notzeichen mißbraucht oder
2. vortäuscht, daß wegen eines Unglücksfalles oder wegen gemeiner Gefahr oder Not die Hilfe anderer erforderlich sei,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer absichtlich oder wissentlich
1. die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Warn- oder Verbotszeichen beseitigt, unkenntlich macht oder in ihrem Sinn entstellt oder
2. die zur Verhütung von Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr dienenden Schutzvorrichtungen oder die zur Hilfeleistung bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr bestimmten Rettungsgeräte oder anderen Sachen beseitigt, verändert oder unbrauchbar macht,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 303 oder § 304 mit Strafe bedroht ist.

Strafgesetzbuch (StGB), Einzelnorm

Vorgetäuschte Notlagen

Dieses Thema eignet sich bedauerlicherweise gut, um Ängste zu schüren. Dabei fehlt es an einer validen Datenbasis, um eine Aussage „Helfen ist gefährlich“ oder „Helfen ist nicht gefährlich“ treffen zu können. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wollen wir herausfinden, wie häufig Fälle von vorgetäuschten Unglücksfällen in Deutschland tatsächlich sind, ob dabei die zu Hilfe eilende Person in Gefahr geraten ist und wie häufig sich ein Anfangsverdacht auf Vorliegen eines Deliktes nach § 145 Abs. 1 Satz 2 (StGB) schließlich als unbegründet herausstellte.


tz München, 1999

Missbrauch von Notrufen

Bis 2009 war es in Deutschland möglich, von Mobiltelefonen aus auch ohne eingelegte SIM-Karte einen Notruf (Notrufnummer 112) abzusetzen. Die Betreiber der Notrufzentralen (Rettungsleitstellen, Einsatzzentralen) erwirkten damals jedoch ein Ende dieser technischen Möglichkeit, da angeblich ein übermäßiger Missbrauch der Notrufnummer 112 erfolgt sei. Dies könnte, wenn die Vorwürfe den Tatsachen entsprachen, auf die damaligen hohen Gesprächskosten zurückzuführen sein und bei einer angeblichen Häufung der Anrufe während Schulpausen-Zeiten auf den Missbrauch durch Kinder und Jugendliche. Heute haben viele Mobilfunknutzer jedoch Flatrates für Telefongespräche und Mobiltelefone sind Alltagsgegenstände (gegenüber 2009) und der Reiz für „Telefonstreiche“ ist heute fraglich.

Viele Mobiltelefon-Altgeräte die sich in Umlauf befinden, und für die keine SIM-Karte mehr vorhanden ist, könnten als Notrufgeräte Verwendung finden. Andererseits ist ein Mobiltelefon heute ein fester Ausrüstungsgegenstand beinahe jedes Menschen und damit dürfte fast jeder ein funktionsfähiges Notrufgerät ständig mit sich führen. Diese Entwicklung und Limitationen beleuchten wir in einem eigenen Forschungsprojekt (retrospektiv).
Ein anderes Forschungsprojekt beleuchtet Aspekte der Inanspruchnahme von Notrufen und Rettungsdiensten. Dies unter dem Aspekt, dass die Einsatzzahlen im Rettungsdienst teils deutlich steigen, der Anteil der nicht indizierten Einsätze scheinbar gleichsinnig. Sind die Menschen „heutzutage“ weniger gesundheitsbewusst, weniger zur Selbsthilfe in der Lage? Das bedeutet einen Widerspruch zum Informationsüberfluss durch neue Medien, oder gerade nicht? Wie muss eine Gesundheitskompetenz aussehen, damit in der unübersichtlichen und zeitkritischen Phase einer Notfallsituation annähernd richtige Entscheidungen getroffen werden können? Ist die Entscheidungsfindung von Persönlichkeitsmerkmalen abhängig? Und so weiter.
Forschung zum Thema „Notruf“ erfolgt je nach thematischem Schwerpunkt in Kooperation mit anderen Fachbereichen, z. B. II/18 (Medizin, Notruf).

Sachgebiet VI/8-3 (Vorgetäuschte Notlagen, Missbrauch von Notrufen)
089 2627-27617
E-Mail rechtswissenschaften@dgeh.de